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Publikation

Poetik der Oberfläche
Die deutschsprachige Popliteratur der 1990er Jahre

Herausgegeben von Olaf Grabienski,
Till Huber und Jan-Noël Thon

Berlin u.a.: de Gruyter, 2011

ISBN 978-3-11-023764-1

Der Sammelband widmet sich der Geschichte und Gegenwart deutschsprachiger Popliteratur; Bezügen zwischen Popliteratur und Popkultur im Kontext von Dandyismus, Camp-Ästhetik, Gender-Forschung und Popmusik; dem Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Konzepten von Autorschaft und Formen auktorialer Selbstinszenierung sowie - mit einem besonderen Schwerpunkt - den Romanen Christian Krachts als dem wohl einflussreichsten und vielgestaltigsten unter den 'Kiwi-Popliteraten'.

Tilo Renz

Wer spricht – und wie?
Thomas Meineckes Tomboy als literarische Theorie der Geschlechter

Abstract

Der zweite Teil des Bandes, Popliteratur und Popkultur, wird mit einem Beitrag von Tilo Renz eröffnet, der sich in Form eines Close Reading mit der Literarisierung von Geschlechtertheorien in Thomas Meineckes Roman Tomboy (1998) befasst. Mit der akademischen Geschlechterforschung konzentriert sich Renz auf einen Aspekt der Gegenwartskultur, der auf den ersten Blick nicht sehr popkompatibel wirken mag. In Auseinandersetzung mit Baßlers Buch zum deutschen Pop-Roman stellt er Tomboy jedoch in den Kontext von Archivierungsverfahren der jüngeren Popliteratur. Im Gegensatz zu Baßler betont Renz insbesondere das Generieren von Theorie in der und durch die literarische Form, wobei Wechselseitigkeit und Ambivalenz zu den wichtigsten Strukturmerkmalen von Meineckes Roman gehören: So produziert der auf allen Ebenen dominierende Bezug auf Diskurse der Geschlechterforschung zwar komische Effekte, die entsprechenden Positionen werden aber sowohl von Meinecke selbst als auch von seinen Figuren durchaus ernst genommen. Während der erste Abschnitt der Renzschen Analyse das Reden und Denken, Lesen und Kommentieren der Romanfiguren behandelt und dabei unter anderem die Zitierweise von Meineckes Erzähler in den Blick nimmt, geht es im zweiten Teil um die Handlungskonstellationen in einem Roman, der von vielen Lesern als eher handlungsarm wahrgenommen wird. Unter dem Stichwort 'Transformation von Handeln in Sprache' geht auch Renz zunächst davon aus, dass die Handlungen in Tomboy dem sprachlichen Aspekt untergeordnet sind. In Abgrenzung zu anderen Forschungspositionen bestreitet er jedoch eine Vereinnahmung des Romangeschehens durch theoretisch-diskursive Interessen und kommt zu dem Ergebnis, dass körperlich-handlungsbezogene und sprachliche Phänomene im Roman wechselseitig aufeinander bezogen werden.

Referenzen

Baßler, Moritz (2002): Der deutsche Pop-Roman. Die neuen Archivisten. München: Beck.