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Publikation

Poetik der Oberfläche
Die deutschsprachige Popliteratur der 1990er Jahre

Herausgegeben von Olaf Grabienski,
Till Huber und Jan-Noël Thon

Berlin u.a.: de Gruyter, 2011

ISBN 978-3-11-023764-1

Der Sammelband widmet sich der Geschichte und Gegenwart deutschsprachiger Popliteratur; Bezügen zwischen Popliteratur und Popkultur im Kontext von Dandyismus, Camp-Ästhetik, Gender-Forschung und Popmusik; dem Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Konzepten von Autorschaft und Formen auktorialer Selbstinszenierung sowie - mit einem besonderen Schwerpunkt - den Romanen Christian Krachts als dem wohl einflussreichsten und vielgestaltigsten unter den 'Kiwi-Popliteraten'.

Klaus Bartels

Trockenlegung von Feuchtgebieten. Christian Krachts Dandy-Trilogie

Abstract

Klaus Bartels befasst sich in seinem Beitrag mit jenem, von Kracht selbst so bezeichneten Roman-"Triptychon" (Mocek 2008, S. 132), dessen Relevanz für die Popliteratur der 1990er Jahre kaum überschätzt werden kann. Bartels fokussiert - über die Thematisierung des Ekels in Faserland, der Opposition von Reinheit und Unreinheit in 1979 sowie des Transhumanen in Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten - vor allem die darin verhandelten Aspekte des Dandyismus. Das Erbrechen in Faserland, die Verwesung in 1979 und die Erleuchtung (durch Elektrisierung) in Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten lassen sich Bartels zufolge als typische Merkmale von 'Ekelkunst' verstehen, wobei die damit verbundene Selbstverkunstung und Denaturalisierung des Körpers als dandyistisches Ideal zu sehen ist. Entsprechend arbeitet Bartels die in Krachts Romanen vorhandenen intertextuellen Verweise auf Schlüsseltexte und zentrale Denkfiguren des Dandyismus heraus: In 1979 sind dies nicht nur der von Mavrocordato erwähnte Schriftsteller Gabriele D'Annunzio und die Legende des 'Alten von Berge', die auf Baudelaire verweist, sondern auch die Bewirtung des namenlosen Ich-Erzählers mit ausschließlich dunklen Speisen, die den 'Leichenschmaus' in Joris-Karl Huysmans' 1884 erschienenem Roman Gegen den Strich zitiert. Die in Faserland und 1979 nur teilweise realisierte Selbstverkunstung wird im dritten Roman Krachts, Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten, zur Vollendung gebracht, der sich mit Bartels als Geschichte eines Roboters lesen lässt; eines Roboters freilich, der als "wandelndes Oxymoron" (Baßler 2008, S. 40) zugleich auch die Tradition des Dandys und - spezifischer - die Tradition des black dandy aufruft. Während Bartels und Hermes sich in ihrer Auslegung des Krachtschen Werkes nicht widersprechen, verweist der unterschiedliche Zuschnitt ihrer Beiträge doch auf die Komplexität einer Roman-Trilogie, die sich - trotz ihrer polierten Oberflächen - kaum als 'oberflächlich' beschreiben lässt.

Referenzen

Baßler, Moritz (2008): "Mit Dekadenz lässt sich kein Staat machen". [Rezension zu Christian Krachts Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten.] In: Literaturen 12, S. 39f.

Mocek, Ingo (2008): "Ich denke immer an den Krieg" [Interview mit Christian Kracht.] In: Neon 10, S. 130-134.