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Publikation

Poetik der Oberfläche
Die deutschsprachige Popliteratur der 1990er Jahre

Herausgegeben von Olaf Grabienski,
Till Huber und Jan-Noël Thon

Berlin u.a.: de Gruyter, 2011

ISBN 978-3-11-023764-1

Der Sammelband widmet sich der Geschichte und Gegenwart deutschsprachiger Popliteratur; Bezügen zwischen Popliteratur und Popkultur im Kontext von Dandyismus, Camp-Ästhetik, Gender-Forschung und Popmusik; dem Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Konzepten von Autorschaft und Formen auktorialer Selbstinszenierung sowie - mit einem besonderen Schwerpunkt - den Romanen Christian Krachts als dem wohl einflussreichsten und vielgestaltigsten unter den 'Kiwi-Popliteraten'.

Thomas Hecken

Die verspätete Wende in der Kultur der 1990er Jahre

Abstract

Thomas Hecken eröffnet den ersten Teil des Bandes, Geschichte und Gegenwart deutschsprachiger Popliteratur, mit einem diskursgeschichtlichen Überblick, in dem deutlich wird, inwiefern literarische, journalistische und musikalische Popdiskurse seit Ende der 1970er Jahre in Wechselwirkung mit politischen Entwicklungen stehen, und wie es in den 1990er Jahren, ausgelöst durch den Boom der Popliteratur zu einer verspäteten Wende in der bundesrepublikanischen Kultur kommt. Verspätet, weil schon Anfang der 1980er Jahre von verschiedenen popästhetischen Strömungen eine Abgrenzung gegenüber der anti-konsumistischen Alternativbewegung der 1970er Jahre ausgeht. Die Hinwendung zur 'Oberflächlichkeit', zum Konsum, zum Hedonismus, das 'Ja' zur modernen Welt, wie es von Thomas Meineckes Band Freiwillige Selbstkontrolle bereits Anfang der 80er proklamiert wird, bleibt gesamtgesellschaftlich zunächst folgenlos. Die von Theoretikern wie Diedrich Diederichsen mitinitiierte 'popästhetizistische' Affirmation eines hedonistischen Künstlichkeitscodes, weg vom Authentizitäts- und Körperkult der Rockkultur - freilich immer mit dem Anspruch, marxistisch beeinflusste Haltungen zu vertreten -, wird erst Mitte der 90er Jahre im Zuge der Bekanntwerdung einer 'neuen deutschen Pop-literatur' mainstreamfähig. An die Stelle der linkspolitischen Ausrichtung rückt im Zuge dessen jedoch ein nicht offenkundig politisch gedachter Lifestyle-Diskurs. Letzterem habe, so Hecken, auch die komplexe Ironie einzelner 'Popliteraten' Vorschub geleistet, die in den literarischen Texten oder auch in Autoreninterviews dazu führte, dass zwar eine Vielzahl an Statements zu gesellschaftlichen Themen geäußert wurde, deren appellative Funktion aber vielfach einer ästhetizistisch-ironischen Durchstreichung zum Opfer fiel.